Kaiser Karl: Mythos & Wirklichkeit. Vorwort Karl von Habsburg by Eva Demmerle
Autor:Eva Demmerle [Demmerle, Eva]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Biografien & Erinnerungen, Geschichte, Nach Ländern & Kontinenten, Österreich, Fachbücher, Germanistik, Regionen, Geschichtswissenschaft, Staatenwelt, Europa, Politik & Geschichte, Epochen, Geschichte nach Ländern, Frauenforschung, Presse & Verlagswesen
Herausgeber: Amalthea Signum Verlag
veröffentlicht: 2016-11-15T23:00:00+00:00
Drängende Sorgen
Ersten Unterschlupf fand die Familie im Schloss Wartegg in Rorschach, das den Bourbon-Parmas gehörte. Allerdings war das Haus für einen dauerhaften Verbleib zu klein, zudem hatte die Schweizer Regierung signalisiert, dass ein Wohnsitz in einem der westlicheren Kantone und damit weiter weg von der österreichischen Grenze lieber gesehen würde.
Ein neuer Wohnsitz fand sich in der Villa Prangins am Genfer See, die ausreichend Platz für die Familie und das kleine Gefolge bot. In Prangins konnten Karl und Zita zum ersten Mal seit langen Jahren einer Art normalem Familienleben nachgehen. Erstmals hatte der Kaiser selbst die Zeit, sich um die Erziehung und den Unterricht der Kinder zu kümmern.
Die Zeit in Prangins war allerdings nicht ungetrübt. Am 3. April 1919 hatte der österreichische Nationalrat nicht nur die Abschaffung des Adels, sondern auch das sogenannte Habsburgergesetz beschlossen. Darin heißt es:
»I. Abschnitt
§ 1 Z 1 Alle Herrscherrechte und sonstige Vorrechte des Hauses Habsburg-Lothringen sowie aller Mitglieder dieses Hauses sind in Deutschösterreich für immerwährende Zeiten aufgehoben.
Z 2 Verträge über den Anfall von Herrscherrechten über das Gebiet der Republik Deutschösterreich sind ungültig.
§ 2 Im Interesse der Sicherheit der Republik werden der ehemalige Träger der Krone und die sonstigen Mitglieder des Hauses
Habsburg-Lothringen, diese, soweit sie nicht auf ihre Mitgliedschaft zu diesem Hause und auf alle aus ihr gefolgerten Herrschaftsansprüche ausdrücklich verzichtet und sich als getreue Staatsbürger der Republik bekannt haben, des Landes verwiesen. Die Festsetzung, ob diese Erklärung als ausreichend zu erkennen sei, steht der Staatsregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss der Nationalversammlung zu.
II. Abschnitt
§ 5 Die Republik Deutschösterreich ist Eigentümerin des gesamten in ihrem Staatsgebiet befindlichen beweglichen und unbeweglichen hofärarischen sowie des für das frühe regierende Haus oder für eine Zweiglinie desselben gebundenen Vermögens.
§ 6 Als hofärarisches Vermögen gilt das bisher von den Hofstäben und deren Ämtern verwaltete Vermögen, soweit es nicht ein für das früher regierende Haus oder für eine Zweiglinie desselben gebundenes Vermögen oder aber nachweisbar freies persönliches Privatvermögen ist.«
Abgesehen von der Landesverweisung erwuchsen durch das Inkrafttreten der Habsburgergesetze der kaiserlichen Familie erhebliche materielle Probleme. Die neue Republik hatte vor dem Privatvermögen nicht haltgemacht. Abgesehen vom kommunistischen Russland war dies das härteste Vorgehen einer Folgerepublik mit seiner entthronten Dynastie. Die Republik hatte die privaten Vermögen von Karl und Zita eingefroren. Dazu zählten einige Landgüter und die Villa Wartholz sowie Barvermögen und Versicherungspolicen. Der neue Staat kümmerte sich in keiner Weise um die materielle Versorgung der Familie. Erst als die Alliierten bei den Nachfolgestaaten diplomatischen Druck ausübten, erschienen eines Tages in Prangins Emissäre aus Österreich, der Tschechoslowakei, Polen und Jugoslawien, um über die finanzielle Ausstattung zu sprechen. Sie boten eine Abfindung in astronomischer Höhe, nämlich 184 Millionen Schweizer Franken, allerdings an zwei Bedingungen geknüpft: Erstens müsse der Kaiser auf all seine Thronrechte verzichten – und sich zweitens verpflichten, diese Länder in den kommenden 25 Jahren nicht mehr zu betreten.
Konsequent, wie er war, lehnte Karl dieses Angebot ab. Ein Thronverzicht könne, wenn überhaupt, nur im Einvernehmen mit den Völkern stattfinden, darüber hinaus sei »die Habsburger Krone nicht Gegenstand eines Schachers«.
Man musste sich also einschränken. Als Karl in der Schweiz ankam, hatte er ein Barvermögen von 7000 Schweizer Franken bei sich.
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